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Henry, ein besonderer Motivationsmeister bei mir im Interview

Henry ist mein Nachbar und Freund, 30 Jahre jung.

„Ich habe ein Handicap von Geburt an im Kopf“ sagt er über sich selbst. Es bedeutet einen langen Leidensweg hinter sich zu haben mit vielen ‚weißen Häusern‘, schlimmen Zeiten, tausenden von Anfällen, langen Krankenhausaufenthalten und totaler Unselbstständigkeit. Henry berichtet, dass er teilweise nicht mal allein essen konnte.

Damals waren die EEG-Geräte noch riesig mit Netz auf dem Kopf und Elektroden, das hat sich gebessert, heute gibt es weniger Kabel.

„Ich war wütend auf alles“, erklärt Henry, „keiner hatte einen Plan, wir alle mussten stark sein und uns dem Schicksal ergeben“.

Henry berichtet von einem Vorfall aus Alsterdorf. Dort hat er eine Mitpatientin im Anfall gesehen, das hat ihn sehr erschreckt und traurig gemacht.

„Wie muss es den anderen mit mir ergehen? Vor allem den Eltern, die mich immer begleiten und trösten auch wenn Ihnen selbst zum weinen zumute ist“?

Später (2017) hatte Henry eine OP. Seitdem kann er selbst über ein Armband den Vagusnerv stimulieren um Anfälle zu minimieren oder sogar zu verhindern, das bringt ihm sehr viel ein.

Auch die Medikamente helfen ihm tagsüber ein normales Leben zu führen und seiner Arbeit nachzugehen.

„Nachts ist es problematischer, da ich dann keinen Einfluss auf das Geschehen habe – aber seitdem ich auf einem Gelbett schlafe, sind meine Anfälle gemütlicher geworden“!

Henry sagt von sich er sei nicht eingeschränkt außer mit Zahlen. Ich gehe da in meiner Einschätzung noch weiter und sage dass er besondere Talente hat.

Es fällt sofort auf, was für ein freundlicher Mensch Henry ist, wo man ja sonst von dem Deutschen Bürger nicht sehr verwöhnt ist!

Der von mir so verachtete „Kleingeist“ pocht auf sein Recht, setzt geschickt die Ellenbogen ein und fällt durch Übellaunigkeit auf.

Nach meiner Hochzeitsreise versuchte ich die Freundlichkeit von Gersey in mein tägliches Umfeld zu fluten – nach 3 Tagen habe ich wieder aufgegeben.

Das ist bei Henry ganz anders. Er ist unermüdlich liebevoll und zugewandt – selbst unser Hund schreit vor Freude wenn er um die Ecke kommt, dazu noch ein echtes Sprachgenie.

„Witzigerweise bin ich ziemlich wortgewandt“ sagt Henry über sich selbst. „Jeder Therapeut konnte sich genau vorstellen wie es in mir aussieht, weil ich es ihm genau beschreiben konnte. Außerdem kann ich mich super in andere reinversetzten und was ich fühle auch benennen“.

Dem kann ich nur zustimmen. Kaum ein Mensch ist in der Lage die Wege meiner Behandlung und deren Profit so zu beschreiben wie Henry, das macht mich sehr glücklich.

Es bringt aber auch ein bisschen mein Weltbild ins Wanken. Ist es so, dass nur jemand, der schon derart viel Leid erlebt hat so positiv SEIN kann?

Wer hat Verständnis dafür dass sich gesunde Menschen mit allen Möglichkeiten schlechter fühlen als Henry?

„Ich sehe mich selbst als einen Grübler, der praktische Lösungen parat hat. Zum Beispiel verstehe ich nicht warum Menschen sich über Kleinigkeiten aufregen, sie könnten mal darüber nachdenken worüber sie sich gerade ärgern und Null Null sein lassen. Auch unterschiedliche Meinungen sind doch in Ordnung“.

Für Henry war es nie eine Option aufzugeben wenn ihm etwas misslingt, erklärt er mir. Er höre gern zu und habe sofort eine Idee im Kopf. Wenn es nicht gleich gelinge denke er so lange nach, bis ihm etwas einfalle.

Ich persönlich bin der Meinung dass Henry ein besonderer Motivationsmeister ist! Er hat einen interessierten Blick für die Dinge und bringt sie auf den Punkt.

Dazu sagt er glatt dass er sich das gar nicht vorstellen könne, weil es doch so einfach sei….

Sicherlich ist es seine Schicksalsergebenheit, die ihn so sein lässt. Wenig Angst zu haben, weil man schon alles Schlimme hinter sich gelassen hat.

Henry zitiert einen Satz seiner Oma, den er für sich verinnerlicht hat : WAS KOMMT, DAS KOMMT!

Sein Appell an uns:

Versucht zwischen wichtig und unwichtig zu unterscheiden und klärt eure Dinge friedlich!

Euer Henry